Mosse-Lectures: Mouhamadou El Hady Ba

Do18Dez19:1520:45Mosse-Lectures: Mouhamadou El Hady BaDecolonial Coups d’Etat?VeranstaltungsartVortrag

Details

mit Joseph Vogl

Donnerstag, den 18. Dezember 2025 | 19.15 Uhr | Senatssaal der Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Linden 6, 10117 Berlin

Eine Interpretation der aktuellen Ereignisse in Westafrika, insbesondere in der Sahelzone, lautet, dass wir derzeit die Vollendung des Dekolonialisierungsprojekts erleben, welches durch die Aktivitäten der Françafrique-Architekten unterbrochen und zum Scheitern gebracht worden war. Die Staatsstreiche, die zur Gründung der Allianz der Sahelstaaten (ASS) führten, wären demnach eine hegelianische »List der Vernunft«, um sich vom Kolonialismus zu befreien, der Afrika in einem Weltsystem gefangen hält, das den Bedürfnissen seiner Bevölkerung grundlegend zuwiderläuft. Diese Interpretation wird durch die Beobachtung gestützt, dass die Dekolonisation der 1960er Jahre, auch wenn Fanon diese im Wesentlichen als gewaltsamen Prozess verstand, relativ reibungslos verlief. Reibungslos in dem Sinne, dass die Privilegien einer transnationalen herrschenden Klasse erhalten blieben.
In diesem Vortrag werde ich zeigen, dass die dekolonialen Ansprüche der Befürworter dieser Staatsstreiche trügerisch sind. Dazu werde ich mich auf drei Punkte stützen. Erstens spricht der Verlauf der historischen Ereignisse in diesen Ländern eher für eine Verlagerung der legitimen Wut der Bevölkerung als für eine echte antikoloniale Revolution. Zweitens werde ich mich aus einer philosophischen Perspektive mit dem Wesen von Macht und Autorität befassen und argumentieren, dass die aus diesen Staatsstreichen hervorgegangenen Regime insgesamt illegitimer sind als die durch sie abgelösten. Abschließend werde ich mich auf zwei revolutionäre vorkoloniale Momente beziehen: die Gründung des Mali-Reiches und die Fouta-Revolution unter der Führung von Thierno Souleyman Baal, um die Illegitimität der Juntas der ASS-Länder, selbst vor dem Hintergrund ihrer endogenen politischen Traditionen, zu untermauern. Auf gemeinsamen Arbeiten mit Gregory Doukas aufbauend, argumentiere ich, dass tiefgreifende dekoloniale Arbeit dieselben Komponenten haben sollte, die auch im Jägerschwur und in der Fouta-Revolution zum Ausdruck kommen: 1) ein kollektives Bestreben die Realität zu verändern, 2) ein Fokus auf Bildung und 3) die Förderung von Verantwortung nicht nur auf kollektiver, sondern auch auf persönlicher Ebene.

MOUHAMADOU EL HADY BA: Philosoph und Kognitionswissenschaftler; Außerordentlicher Professor für Philosophie an der Université Cheikh Anta Diop in Dakar. Zu seinen Fachgebieten gehören Logik, Epistemologie und Wissenschaftsphilosophie. Daneben befasst er sich mit politischer Philosophie und Kognitionswissenschaft. Als Gastwissenschaftler arbeitete Ba bereits an der Università di Torino, der École des Hautes Études en Sciences Sociales in Paris sowie zuletzt 2021/22 als Fulbright-Stipendiat an der University of Connecticut und am Institute of African Studies der Columbia University. Er ist außerdem Gründungsmitglied und erster wissenschaftlicher Direktor des progressiven, unabhängigen und panafrikanischen Thinktanks Ipode. In dieser Funktion hat Ba unter anderem zu Terrorismus in der Sahelzone und politischen Problemkonstellationen in Westafrika gearbeitet.

Die Veranstaltung findet in englischer Sprache statt.

Zeit

18. Dezember 2025 19:15 - 20:45(GMT+01:00)

HU Berlin

Unter den Linden 6

HU Berlin