Barbara Eder
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Teil der Ringvorlesung „Comic – Kunst – Körper. Konstruktion und Subversion von Körperbildern im Comic“ im Rahmen des Programms „Offener Hörsaal“ der Freien Universität Berlin. Als ‚neunte Kunst‘ erfreuen sich
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Teil der Ringvorlesung „Comic – Kunst – Körper. Konstruktion und Subversion von Körperbildern im Comic“ im Rahmen des Programms „Offener Hörsaal“ der Freien Universität Berlin.
Als ‚neunte Kunst‘ erfreuen sich Comics großer Beliebtheit sowie wachsender Aufmerksamkeit im kulturellen Leben und akademischen Kontext. Vertreter*innen zahlreicher Fächer und Hochschulen forschen zu diesem Bild-Text-Medium und integrieren graphische Erzählungen in ihre Lehrveranstaltungen. Die Ringvorlesung möchte die vielfältigen Aktivitäten in Kunst und Wissenschaft disziplin- und institutionsübergreifend sichtbar machen und dabei Brücken zwischen akademisch Forschenden, Studierenden und einer interessierten Öffentlichkeit schlagen.
Im Mittelpunkt der Vorlesungsreihe stehen die unterschiedlichen Körper, in denen Comics ihre Protagonist*innen visualisieren. Ob es sich dabei um Wunschbilder, Stereotype oder Karikaturen handelt, immer werden kulturelle Vorstellungen von menschlichen, tierischen oder technischen Körpern, von Gender, Alter, ethnischer und kultureller Zugehörigkeit, sozialer Schicht und körperlichen oder geistigen Fähigkeiten vermittelt. Die Vorträge der Vorlesungsreihe diskutieren Comics als Seismograph von und Kommentar zu kulturellen Normierungen, Hoffnungen und Ängsten, die häufig über Körperbilder ausgehandelt werden.
Die Vorlesungsreihe ist öffentlich und kostenfrei. Sie findet vor Publikum statt und wird zusätzlich gestreamt. Da die Plätze wegen der Hygieneauflagen begrenzt sind, ist für den Besuch der Präsenzveranstaltung eine einmalige Anmeldung unter comic-vl@fsgs.fu-berlin.de erforderlich.
Barbara Eder (Soziologie / Gender Studies, Klagenfurt, Österreich)
Am Höhepunkt der AIDS-Krise hatte ein dazumal noch unbekanntes Virus nicht nur Körper, sondern auch politische Realitäten infiziert: Mit rhetorischen Manövern, die oft exzessive Formen der Sexualität als Ursache annahmen, wappnete man sich anfangs weniger gegen die Krankheitsauslöser denn ihre potenziellen Träger_innen: Von AIDS als Strafe aller erdenklichen Über-Ich-Formationen war ebenso die Rede wie von einer immunologischen Rache in Reaktion auf soziale Dekadenzphänomene, von der „Schwulenpest“ genauso wie vom medikamentösen Waffenarsenal, das im Kampf gegen sie ins Feld geführt werden müsse.
Quälender als viele physische Leiden, die die Immunschwächekrankheit AIDS verursacht, waren die ersten Bilder, die davon in Umlauf gebracht wurden. Losgelöst von brauchbaren Signifikaten, die informieren und aufklären, verbreiteten sich auf diese Weise diffuse Vorstellungen von der Krankheit und ihren Opfern. Während die ersten Bilder von AIDS-Toten noch hagiografisch konnotiert waren – so etwa die später von Benetton im Rahmen einer Werbekampagne kooptierten Fotos von Therese Frare, die letzte Momente aus dem Leben des AIDS-Aktivisten David Kirby zeigen –, gab es bei Derek Jarman nichts mehr zu sehen – der Bildschirm in Blue (1993) blieb über die Dauer von 79 Minuten blau. In den ersten Comics, die das Thema HIV/Aids verhandeln, weicht der indexikalische Augenblick langen Sequenzen an gezeichneten Bildern. In Reaktion auf das Aufkommen einer ätiologisch noch ungeklärten Krankheit schmuggelte der finnische Comiczeichner Tom of Finland Kondome in seine Cartoons und machte aus seinem Helden Kake einen queeren San Sebastiano; Annie Goetzinger und Jón S. Jónsson veröffentlichten mit „Die verlorene Zukunft“ (1992) eines der ersten ins Deutsche übersetzten Comics, die den Tod eines Lebenspartners an AIDS thematisieren. In „Blaue Pillen“ (2001) von Frederik Peeters macht der Erzähler hingegen eine Wandlung durch, als er die HIV-positive Cati und ihren ebenfalls infizierten Sohn kennen lernt und sich in erstere verliebt. Auch in MK Czerwiec’ „Taking Turns. Stories from HIV/AIDS Care Unit 371“ (2017), einem Grundlagenwerk der Graphic Medicine, geht es nicht darum, schöner sterben, sondern um das bessere Leben – mit Krankheit und Care-Arbeit.
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Zeit
10. Dezember 2020 16:15 - 17:45(GMT+01:00)