Besetzungslisten in den Künsten

Do02Nov(Nov 2)14:30Fr03(Nov 3)17:00Besetzungslisten in den KünstenMaterialität und TemporalitätVeranstaltungsartWorkshop

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Organisiert von Sabine Nessel und Cornelia Ortlieb, Projekt Rest of Cast: Film Credits as Spatiotemporally Dynamic Assemblies, Research Area 2: “Travelling Matters”.

Der Workshop wirft die Frage nach einer materialbezogenen, an Formen der Produktion orientierten Beschäftigung mit Besetzungslisten in den Künsten auf. Anstatt die Namensliste der Mitwirkenden als einfache Repräsentation einer künstlerischen Produktion zu fassen, widmet sich der Workshop den materiell-zeitlichen Dimensionen von Besetzungslisten. Die zentrale Frage ist, wie und auf welche Weise Besetzungslisten zwischen Werk/Autor*innenschaft, Produktion und Rezeption vermitteln. Anschlussmöglichkeiten für diese Perspektive bieten u.a. Positionen des New Materialism, welche Materialität in einem dynamischen Sinne fassen.

Besetzungslisten enthalten die Namen der Mitwirkenden und sind in den Künsten wie Theater, Tanz, Performance, Musik, Bildende Kunst, Literatur und Film ebenso anzutreffen wie in Festival- oder Ausstellungskontexten. Historisch lassen sich Besetzungslisten bis in die frühe Neuzeit zurückverfolgen und begleiten die Künste häufig von Anbeginn, wie etwa die Forschungen zum sog. “Theaterzettel” zeigen. Die Namenslisten der Mitwirkenden bezeugen Aufführungen und künstlerische Produktionen und sind als Quellen der Geschichtsforschung oder als rare Überlieferungszeugnisse hochgeschätzt. Ihre vielfältige Form unterliegt Moden, Stilen oder Regelwerken und reicht von schmucklosen Listen bis hin zu schriftbildlich aufwändig gestalteten Exemplaren. Im Sinne von Paratexten (Gérard Genette) ergänzen Besetzungslisten künstlerische Produktionen, gestalten deren Rezeption oder können, in einem post-semiologischen Sinne, als reiche Texte mit armem System (Roland Barthes) gelten. Darüber hinaus sind sie eingebunden in unterschiedliche dispositive Anordnungen (Theaterprogramm, Litfaßsäule, Billboard, Vor-/Abspann, Impressum u.v.m.) und häufig Teil von Vermarktungsstrategien. Ob als Abschnitt in einem Impressum, als Plakat, als Einlegeblatt oder als (audio-)visuelles Bewegtbild – medial vielgestaltig und insgesamt heterogen sind Besetzungslisten nicht zuletzt temporäre Gemeinschaften, die zwischen Künsten vermitteln.

Der Workshop lädt zum Austausch über Besetzungslisten in den Künsten ein. Folgende Fragen scheinen uns dabei besonders relevant:

  • Besetzungslisten können Aufführungen bezeugen und sind anerkannte Quellen historiografischer Forschungen. Inwiefern verweisen sie auch auf die Produktions- und Rezeptionskulturen der Künste und/oder sind mit Handlungsmacht ausgestattet?
  • Inwiefern können Besetzungslisten jenseits der Repräsentation als Produktionen sich wechselseitig bedingender Dimensionen wie Zeitlichkeit, Materie, Räumlichkeit als “Raumzeit-Materie” (Karen Barad) bzw. als “materiell-semiotische Knotenpunkte” (Donna Haraway) theoretisiert werden? Und was gewinnt man damit?
  • In welchem Verhältnis stehen Besetzungslisten zu den Körpern der Darstellenden einer künstlerischen Produktion? Welche Rolle spielen dabei Autor*innenschaft bzw. Produktionskollektive wie Ensemble, Crew, Künstler*innen-Gruppe?
  • Welche Rolle spielt die Listenform in Bezug auf die materiell-zeitliche Dimension?
  • Besetzungslisten werden in analogen wie digitalen Archiven gesammelt und zugänglich gemacht. Gibt es Bezüge zwischen analogen / digitalen Sammlungen zu Materialität und Temporalität?

Programm

Donnerstag, 2. November 2023

14:30 | Begrüßung und Einführung

15:00 | Tobias Vogt: Vom Parergon zum Ergon: Das Objektschild als Kunstwerk

16:00 | Tee-/Kaffeepause

16:30 | Cornelia Ortlieb: Listentypen, Schriftgebilde, Lese-Aufgaben

17:30 | Sascha FörsterUnterwegs mit Ernst Heimrath: Theaterzettel und Besetzungsbücher am Schauspielhaus Düsseldorf (Dumont-Lindemann)Freitag, 3. November 2023

09:30 | Hanna Voss: „Wir stellen uns vor!“ – Vorsprechprogramme als Quelle/‚Daten‘ zur Erforschung von Theater als Institution

10:30 | Tullio Richter-Hansen: Crediting Difference. Audiovisuelle Schriftkulturen früher Schwarzer Kinematografien

11:30 | Tee-/Kaffeepause

12:00 | Eva KnopfBesetzungslisten im Kontext (post-)kolonialer Filmproduktionen

13:00 | Mittagessen 

14:00 | Winfried Pauleit: Gesprochene und lebende Besetzungslisten im Autorenfilm: Sacha Guitry, Jean-Luc Godard, Agnès Varda 

15:00 | Karin GludovatzEin unbeschriebenes Blatt. Von abwesenden und verschwindenden Namen.

16:00 | Abschlussdiskussion 

Freie Universität Berlin
EXC 2020 Temporal Communities
Otto-von-Simson Straße 15
Raum 00.05
14195 Berlin

Further Information

Sabine Nessel, sabine.nessel@fu-berlin.de

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Zeit

2. November 2023 14:30 - 3. November 2023 17:00(GMT+02:00)

Freie Universität Berlin

Habelschwerdter Allee 45, 14195 Berlin

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