Ich habe eine Barrikade gebaut
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Die Dichterin Anna Świrszczyńska (geboren 1909 in Warschau, gestorben 1984 in Krakau) gehört in Polenzu den bekanntesten Dichter:innen des 20. Jahrhunderts, Czesław Miłosz zählte sie sogar zu den „größten
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Die Dichterin Anna Świrszczyńska (geboren 1909 in Warschau, gestorben 1984 in Krakau) gehört in Polen
zu den bekanntesten Dichter:innen des 20. Jahrhunderts, Czesław Miłosz zählte sie sogar zu den „größten
poetischen Persönlichkeiten in der Geschichte der gesamten polnischen Literatur“. In Deutschland ist sie allenfalls Eingeweihten vertraut. Die Rezeption im Ausland beschränkte sich seit den 70er Jahren vor allem auf den angelsächsischen Raum. Świrszczyńskas Fall ist insofern besonders, als dass sie erst spät, 1970 mit dem Band Wiatr (Wind), zu ihrem lakonischen Ton fand, der für ihr folgendes Werk prägend blieb. Vier Jahre später erschien ihr vielleicht bedeutendstes Buch Budowałam barykadę (Ich habe eine Barrikade gebaut), das jetzt in deutscher Übersetzung von Peter Oliver Loew im Secession Verlag vorliegt. Die 100 in dem Band versammelten Gedichte beziehen sich auf den Warschauer Aufstand, der sich am 1. August dieses Jahres zum 80. Mal jährte. Świrszczyńska erlebte die Zeit der Besatzung und des Aufstands als Sanitäterin. Erzählt wird in einer einfachen, komprimierten Sprache (keines der Gedichte ist länger als eine Seite) von einem „Universum der Angst“, einem „Himmel der Furcht“. Świrszczyńska berichtet aus dem Alltag im Ausnahmezustand, sie schreibt: „ich habe Helden gesehen / und davon muss ich berichten“. Jeder Text beleuchtet schlaglichtartig eine kleine Szene. Es geht um das gemeinsame Postenstehen, das Lauschen auf das Herzen der Feinde, die in der Dunkelheit schlagen. Beschrieben werden die Mädchen, die die Tragen schleppen, eine Meldegängerin, die vor Maschinengewehrsalven flieht, der Sohn, der, während seine Mutter stirbt, das Gewehrschloss reinigt und die Patronen zählt, die erschossene Hausmeisterin, deren Augen noch nicht wissen, dass sie bereits tot ist, der Straßenbahner aus Wola, der seinen Karabiner unter einem Sauerkrautfass versteckt, oder die sterbende Pfadfinderin, die nie auf einer Party war und bittet, in einem Spitzenkleid aufgebahrt zu werden. Zu entdecken ist eine humane dichterische Stimme von Weltgeltung.
Eine gemeinsame Veranstaltung des Haus für Poesie mit dem Deutschen Polen-Institut und dem Deutsch-Polnischen Haus/Stiftung Denkmal für die Ermordeten Juden Europas. Gefördert von der Berliner Lotto-Stiftung
In Lesung und Gespräch: Dagmara Kraus | Peter Oliver Loew | ariel rosé
Moderation: Karolina Golimowska
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Zeit
30. September 2024 19:30 - 21:30(GMT+01:00)