"(ist fortzusetzen.)" Anschlüsse, Fortführungen und Enden in Goethes späten Werken
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Organisiert von Michael Bies (Humboldt Universität zu Berlin) und Wolfgang Hottner (Universität Bergen) Goethes späte Werke sind zu keinem geringen Teil durch die Sammlung, Historisierung
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Organisiert von Michael Bies (Humboldt Universität zu Berlin) und Wolfgang Hottner (Universität Bergen)
Goethes späte Werke sind zu keinem geringen Teil durch die Sammlung, Historisierung wie auch die Wiederaufnahme, Ausarbeitung und Schließung früherer Werke und Werkideen gekennzeichnet. Ein wichtiges Mittel bildet dabei die Fortsetzung. Das verdeutlichen schon die beiden prominentesten Werke des späten Goethe: der 1829 in letzter Fassung publizierte Roman Wilhelm Meisters Wanderjahre, der an Wilhelm Meisters Lehrjahre von 1795/96 anschließt und von Goethe selbst zuletzt als fortsetzungsbedürftig markiert wird: „(Ist fortzusetzen.“); und der 1832 erschienene zweite Teil der Faust-Tragödie, mit dem Goethe den mehr als 25 Jahre zuvor veröffentlichten Faust I fortführt. Doch auch in früheren Texten wie den Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten und dem West-östlichen Divan wie auch in seinen morphologischen Schriften umkreist Goethe die Problematik, wie Begonnenes aufgegriffen und zu einem (vorläufigen) Abschluss gebracht werden kann.
Die Tagung möchte sich mit diesen und anderen ‚Fortsetzungen‘ in Goethes Werk befassen. Dabei geht sie davon aus, dass ‚Fortsetzung‘ sich als ein Verfahren von Natur und Kultur begreifen lässt, das Vergangenes und Vorhandenes aufnimmt und es ‚wiederholt‘, ohne sich aber in bloßer Wiederholung zu erschöpfen; vielmehr heißt ‚Fortsetzung‘ auch, dass dieses Vergangene und Vorhandene, indem es fort- und weitergeführt wird, jeweils zugleich aktualisiert und neu perspektiviert wird.
Im Mittelpunkt der Tagung sollen folgende Fragen stehen: Was greift Goethe, unter dem Projekt der Selbsthistorisierung und der finalen Synthetisierung, in den späten Projekten (noch einmal, anders) auf? Welche Werke sind auf Fortsetzung angelegt? Welche formalen und gattungsspezifischen Gründe hat eine solche ‚Fortsetzungsbedürftigkeit‘? Inwiefern lässt sich von einer ‚Poetik der Fortsetzung‘ sprechen, die die literarischen Werke ebenso wie die wissenschaftlichen Projekte, vor allem die Schriften zur Morphologie, prägt? In welcher Beziehung stehen Goethes Fortsetzungen zum wenig später auftauchenden gesamteuropäischen Phänomen des Fortsetzungsromans, Familienromans und der Zeitschriftenliteratur?
Programm
Donnerstag, 23.06.2022
16.00–16.30 Uhr: Michael Bies (Humboldt-Universität zu Berlin), Wolfgang Hottner (Universität Bergen): Einführung
Sektion I: Formtheorie und Verfahrenstechnik
Moderation: Wolfgang Hottner (Universität Bergen)
16.30–17.30 Uhr: Rabea Kleymann (Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin): Inkommensurable Mannigfaltigkeiten: Aggregate beim späten Goethe
17.30–18.00 Uhr: Pause
18.00–19.00 Uhr: Rüdiger Campe (Yale University): Goethes Experimente. Fortsetzbarkeit als Verfahren
Freitag, 24.06.2022
Sektion II: Vorhergehendes, Folgendes und Ganzes: Der Faust-Komplex
Moderation: Hanna Hamel (Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin)
09.30–10.30 Uhr: Michael Auer (Universität Wien): Verrannte Aussichten. Wiederholung, Beschleunigung und Off in Faust II
10.30–11.30 Uhr: Cornelia Zumbusch (Universität Hamburg): ‚und so weiter‘. Dichtung als fortgesetzte Tätigkeit
11.30–12.00 Uhr: Pause
12.00–13.00 Uhr: Eva Geulen (Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin): Faust und die Morphologie
13.00–15.00 Uhr: Mittagspause
Sektion III: Erzählerische Fortsetzungen: Der Wilhelm Meister-Komplex
Moderation: Jan Lietz (Freie Universität Berlin)
15.00–16.00 Uhr: Oliver Grill (Ludwig-Maximilians-Universität München): Fortgesetztes Erzählen. Abenteuerschema und Lebensweg im Wilhelm Meister
16.00–17.00 Uhr: Anja Lemke (Universität zu Köln): Mignon in der Pädagogischen Provinz. Erziehung der Kunst in Goethes Wilhelm Meisters Wanderjahre
17.00–17.30 Uhr: Pause
17.30–18.30 Uhr: Nora Ramtke (Ruhr-Universität Bochum): Lehrjahre, Wanderjahre, Meisterjahre: Logiken und Aporien allographer Fortsetzung
Samstag, 25.06.2022
Sektion IV: Weitere und andere Fortsetzungen
Moderation: Michael Bies (Humboldt-Universität zu Berlin)
09.30–10.30 Uhr: Sean Franzel (University of Missouri): Das römische Carneval and its Serial Afterlives
10.30–11.30 Uhr: Cornelia Ortlieb (Freie Universität Berlin): Nach dem Stillstand der Sonne. Goethes kalendarische Elegien
11.30–12.00 Uhr: Pause
12.00–13.00 Uhr: Claudia Keller (Universität Zürich): Ist fortzusetzen – ist abzubrechen? Goethe-‚Lektüren‘ in der Gegenwartsliteratur
13.00 Uhr: Abschlussdiskussion und Ende der Tagung
Kontakt
Michael Bies (Humboldt-Universität zu Berlin): michael.bies@fu-berlin.de
Wolfgang Hottner (Universität Bergen): wolfgang.hottner@fu-berlin.de
Tagungsort
Freie Universität Berlin
Peter Szondi-Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
Habelschwerdter Allee 45
14195 Berlin
Seminarzentrum L 116 (Donnerstag), L 113 (Freitag, Samstag)
Gefördert von der Fritz Thyssen Stiftung für Wissenschaftsförderung
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Zeit
23. Juni 2022 16:00 - 25. Juni 2022 13:30(GMT+02:00)