Johannes Schneider

Fr20Jun12:1513:45Johannes SchneiderDie Bibliothek als Paradies und wie man daraus vertrieben werden kannVeranstaltungsartVortrag

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Gastvortrag im Rahmen des Forschungskolloquiums „Gebrochene Traditionen“

Der englische Spionageschriftsteller John le Carré empfahl 1995 einem Freund in einer persönlichen Krise die Herzog
August Bibliothek in Wolfenbüttel als „Ort, der dem Himmel am nächsten kommt“. Ähnlich enthusiastisch äußerte sich be-reits der italienische Flüchtling Giacomo Casanova im 18. Jahrhundert, auch er in Wolfenbüttel. Der Berliner Intellektuelle Walter Benjamin vertraute 1940 seine Manuskripte der französischen Nationalbibliothek an, bevor er vor den Nazis
weiter floh – bis in den Tod. Bibliotheken können Zufluchtsorte für Menschen und Manuskripte sein, Paradiese des unbehelligten Lebens, Schutzräume vor Verfolgung.

In die Geschichte der modernen Bibliotheken ist seit dem späten 19. Jahrhundert der Wille eingeschrieben, sie allgemein
zu öffnen und sie als Orte der Lektüre und der Arbeit am Wissen zu qualifizieren. „Free to all“ steht über dem Eingang der
Public Library in Boston (Bau von 1895) und drückt ein Angebot aus, das gut gemeint, tatsächlich aber zu allen Zeiten ein-
geschränkt war: für Minderheiten, Frauen und Kinder gab es explizite Zugangsbeschränkungen; autoritäre Regime setzten
immer wieder umfassendere Diskriminierungen auch bei Bibliotheken durch. Die soziale Lage ärmerer Bevölkerungs-
schichten verhindert auch heute oft genug den Zugang zu prinzipiell offenen Bildungsangeboten.

In seinem aktuellen Forschungsprojekt zur Kulturgeschichte moderner Bibliotheken setzt sich Ulrich Johannes Schneider
mit der Nutzung von Bibliotheken in den letzten 150 Jahren auseinander. Im Vortrag stellt er sein methodisches Vorgehen
zur Diskussion, Bibliotheken als soziale Einrichtungen zu rekonstruieren.

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Fabeckstr. 23-25 (Holzlaube), Raum 0.2051
14195 Berlin

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Zeit

20. Juni 2025 12:15 - 13:45(GMT+02:00)

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