Keilschriftrecht zwischen Theorie und Praxis
Details
Internationaler Workshop des altorientalistischen SFB-Teilprojekts “Episteme als Konfigurationsprozess: Wissensbestände zwischen Theorie und Praxis am Beispiel des Keilschriftrechts” (Leitung: Eva Cancik-Kirschbaum)
Details
Internationaler Workshop des altorientalistischen SFB-Teilprojekts “Episteme als Konfigurationsprozess: Wissensbestände zwischen Theorie und Praxis am Beispiel des Keilschriftrechts” (Leitung: Eva Cancik-Kirschbaum)
Textzeugnisse aus dem Bereich des Rechts zählen zu den ältesten keilschriftlichen Quellen Mesopotamiens.Das Recht galt als Teil der göttlichen Weltordnung; seine Wahrung oblag dem Herrscher, der die höchste irdische Instanz von Rechtsetzung und -sprechung verkörperte. Da das Recht eine „politische Überbauerscheinung staatlich organisierter und sozial differenzierter Gesellschaften“ (H. Neumann) darstellte, führten Veränderungen der politisch-ideologischen und sozio-ökonomischen Verhältnisse zu neuen Regelungsbedarfen, die wiederum neue Normen und staatliche Sanktionierung erforderten. Derartige Veränderungen stoßen Bewegungen an, die sich auch in den Textzeugnissen des Keilschriftrechts niederschlagen.
Üblicherweise unterteilt die Forschung die keilschriftrechtlichen Textzeugnisse in zwei formal, funktionell und inhaltlich definierte Quellengruppen: Die sog. Rechtssammlungen, Codices oder Gesetze akkumulieren kasuistisch stilisierte Rechtssätze in einer der Liste verpflichteten Form und gelten als systematisierte Sammlungen von theoretischem Rechtswissen. Die Rechtsurkunden dokumentieren hingegen die konkrete Anwendung von Rechtswissen im Einzelfall und belegen damit die Rechtspraxis. Bis heute ist das Verhältnis beider Textgruppen nicht hinreichend erforscht, und die postulierte Dichotomie von Theorie und Praxis bietet zudem nur einen – und womöglich unzureichenden – Ansatz, der zwei Extreme kennzeichnet. Sie wird zudem aufgelöst durch Texte im Spannungsfeld zwischen Theorie und Praxis wie herrscherliche Verordnungen, Anweisungen für Beamte oder Modellverträge aus der Schreiberausbildung.
Im Rahmen des Workshops Keilschriftrecht zwischen Theorie und Praxis gehen Spezialisten und Nachwuchsforscher in Vorträgen und Diskussionen zu den wichtigsten Bereichen aus drei Jahrtausenden keilschriftrechtlicher Überlieferung den Fragen nach, wie sich Rechtssammlungen in Bezug auf Episteme verhalten, welches Verhältnis zwischen Rechtssammlungen und Rechtsurkundenbesteht, und wie die Textsorten im Spannungsfeld zwischen theoretischem Rechtswissen und Rechtspraxis zu bewerten sind. Die Veröffentlichung der Tagungsbeiträge wird in der Reihe Episteme in Bewegung erfolgen.
Programm
Donnerstag, 28. September 2023 |
Eröffnung und Einführung |
14.00-14.15 Uhr E. Cancik-Kirschbaum & I. Schrakamp: Keilschriftrecht zwischen Theorie und Praxis: Einführung und Leitfragen |
Panel 1 (Moderation: G. J. Selz) |
14.15-15.00 Uhr J. Schaper: The Genesis of Concepts of Justice in the Third Millennium from the Perspectives of Philology, Archaeology and Cognitive Studies |
15.00-15.45 Uhr M. Maiocchi: Legal Regulations at Ebla |
15.45-16.00 Uhr Kaffeepause |
16.00-16.45 Uhr I. Schrakamp & G. Zólyomi: The So-called Reforms of Urukagina: Early Cuneiform Law between Edict and Law Code |
16.45-17.30 Uhr F. Rauchhaus: Urukagina’s Reforms and Rectifications of Economic Injustices |
17.30-18.00 Uhr G. J. Selz: Diskussion und Zusammenfassung von Panel 1 |
Freitag, 29. September 2023 |
Panel 2 (Moderation: S. Démare-Lafont) |
9.00-9.45 Uhr M. Molina: The Codex Ur-Namma and the Neo-Sumerian Legal Practise |
9.45-10.30 Uhr N. Ziegler: Frauen ohne Mann. Altbabylonische Codices und die Rechtspraxis im Spiegel der Alltagstexte |
10.30-10.45 Uhr Kaffeepause |
10.45-11.30 Uhr E. Cancik-Kirschbaum: Das Wort des Königs. Rechtspraxis im Spiegel der mittelassyrischen Gesetze |
11.30-12.15 Uhr J. Klinger: Rechtliche Regelungen in und neben den sog. „Hethitischen Gesetzen“ |
12.15-12.45 Uhr S. Démare-Lafont: Diskussion und Zusammenfassung von Panel 2 |
Panel 3 (Moderation: G. Pfeifer) |
14.15-15.00 Uhr D. Charpin: Old Babylonian Royal Edicts and Real Estate Transactions |
15.00-15.45 Uhr H. Neumann: Zur Praxisrelevanz des juristischen Curriculums der babylonischen Schreiberausbildung |
15.45-16-00 Uhr Kaffeepause |
16.00-16.45 Uhr G. Spada: Between Legal Theory and Practise: The Sumerian Model Contracts from the Old Babylonian Period |
16.45-17.30 Uhr K. Kleber: Die neubabylonische Rechtspraxis im Spiegel von Gesetzen und Erlassen |
17.30-18.00 Uhr G. Pfeifer: Diskussion und Zusammenfassung von Panel 3 |
Abschlussdiskussion |
Zeit & Ort
28.09.2023 – 29.09.2023
Freie Universität Berlin
Villa des SFB Episteme in Bewegung
Schwendenerstraße 8
14195 Berlin
Mehr anzeigen
Zeit
28. September 2023 14:15 - 29. September 2023 18:00(GMT+02:00)