Kleists Berlin – Von der Stadtöffentlichkeit zur nationalen Öffentlichkeit
Details
Tagungsorganisation: Anne Fleig, Christian Moser In einem auf den 23. Oktober 1810 datierten Brief an den Prinzen von Lichnowsky charakterisiert Heinrich von Kleist
Details
Tagungsorganisation: Anne Fleig, Christian Moser
In einem auf den 23. Oktober 1810 datierten Brief an den Prinzen von Lichnowsky charakterisiert Heinrich von Kleist die von ihm herausgegebenen Berliner Abendblätter als »ein Volksblatt d.h. (weil es kein Centrum der Nation gibt) ein Blatt für alle Stände des Volks« (DKV IV, 454, Hervorh. i. Orig.). Diese Äußerung, so knapp sie auch sein mag, besitzt weitreichende Implikationen, und zwar erstens in öffentlichkeitstheoretischer Hinsicht: Kleist vertritt ein inklusives Konzept von Öffentlichkeit und öffentlicher Kommunikation, die nicht bloß von einer kleinen gebildeten oder aufgeklärten Elite, sondern von weiten Teilen der Bevölkerung getragen werden soll. Zweitens in medienpolitischer Hinsicht: Kleist weist den Berliner Abendblättern die Aufgabe zu, eine solche inklusive nationale Öffentlichkeit herzustellen oder zumindest zu ihrer Etablierung beizutragen. Drittens schließlich in kulturpolitischer Hinsicht: Kleist wirft die Frage auf, ob die Abendblätter das fehlende »Centrum der Nation« supplementieren und damit eine Rolle übernehmen können, welche die Stadt Berlin, obwohl sie als Haupt- und Residenzstadt Preußens figuriert, nicht (oder noch nicht) spielt. Er deutet somit einen Zusammenhang zwischen der Entstehung eines virtuellen nationalen Raums politischer Meinungsbildung und dem urbanen Raum an – den politischen Institutionen, der kulturellen Infrastruktur und der sozialen wie auch demographischen Dynamik einer nationalen Metropole. Dieser Zusammenhang zwischen moderner Öffentlichkeit und moderner metropolitaner Stadtkultur steht im Fokus der geplanten Tagung.
23.11.2023
Ab 18 h Anreise
18.30 h Eröffnung der Tagung: Spaziergänge durch Kleists Berlin – Stadtöffentlichkeit und nationale Öffentlichkeit (Milena Rolka, Anne Fleig und Christian Moser im Gespräch)
24.11.2023
9.30 h Hannah Lotte Lund (Berlin): Vernetzungen. Heinrich von Kleist zwischen ‚jüdischem‘ Salon und ‚deutscher Tischgesellschaft‘
10.15 h Katherine Hambridge (Durham): Kleist und die Musikbühne
11 – 11.30 h Kaffeepause
11.30 h Alexander Košenina (Hannover): Schrecken der Tonkunst. Lähmende Schauder in Kleists ‚Die heilige Cäcilie oder die Gewalt der Musik‘
12.15 h Seán Allan (St. Andrews): ‚Adieu, den Smith brauche ich selber‘. Öffentlichkeit, Selbstinteresse und der homo economicus bei Heinrich von Kleist und Adam Smith
13 – 14 h Mittagspause
14.00 h Nancy Nobile (Delaware): ‚Im Zelt‘. Verhüllung, Öffentlichkeit und Apokalypse in Robert Guiskard und Das Erdbeben in Chili
14.45 h Anna Axtner-Borsutzky (München): Kleists Gärten. Raumsemantik im Prinz Friedrich von Homburg
15.30 – 16 h Kaffeepause
16.00 h Elke Dubbels (Bonn): Die ‚elektrische Kraft der Zeitungen‘. Kleists Berliner Abendblätter vor dem Hintergrund der Zeitungstheorie um 1800
16.45 h Astrid Dröse (Tübingen): Berliner Journalpoetiken. Kleists Berliner Abendblätterim Spektrum der Hauptstadtpresse um 1800
Abendessen und Empfang
19.30 h Kleist-Salon
25.11.2023
9.30 h Günter Dunz-Wolff (Hamburg): Techniken verdeckten Schreibens in Kleists Berliner Abendblättern und die preußische Zensur
10.15 h Johannes Lehmann (Bonn): Lokale, nationale und internationale Öffentlichkeit. Zur Verlobung in St. Domingo und den Berliner Abendblättern
11 – 11.30 h Kaffeepause
11.30 h Arndt Niebisch (Wien): Brandstifter. Kleists soziale Medien
Bis ca. 13 h Abschlussdiskussion und Ende der Tagung
Anmeldung bitte bis zum 1. November 2023 an Mara Ruwe: mcruwe@zedat.fu-berlin.de
Ort: FU Berlin; Habelschwerdter Allee 45, Seminarzentrum, Raum L 115
Mehr anzeigen
Zeit
23. November 2023 18:00 - 25. November 2023 13:00(GMT+02:00)