Michael Maier und die Formen (al)chemischen Wissens um 1600

Di27SepGanztägigDo29Michael Maier und die Formen (al)chemischen Wissens um 1600Eine Tagung des SFB-Teilprojektes „Alchemia poetica“VeranstaltungsartTagung

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Veranstaltet von Dr. Simon Brandl und Prof. Dr. Volkhard Wels

Die Tagung ist nicht nur dem Werk Michael Maiers gewidmet, sondern auch dem (al)chemischen, poetischen, wissenschafts- und religionshistorischen Kontext, in dem dieses Werk steht. In den Blick nehmen möchten wir die (al)chemischen Wissenspraktiken und die Formen seines Transfers um 1600. Ziel ist einerseits, die (Al)Chemie dieser Zeit als ein komplexes Geflecht von epistemischen Strängen, die jeweils an verschiedene Wissenstraditionen anknüpfen, einander kreuzen, sich überlagern und miteinander in Wechselwirkung stehen, sichtbar werden zu lassen. Andererseits sollen diese Wissensdynamiken aber auch unter diachroner Perspektive näher beschrieben werden, insofern die frühneuzeitliche (Al)Chemie selbst schon eine Wissenspraktik ist, die nur als Rezeption und somit Transfer eines älteren Wissens fassbar wird.

Dieses Wissen befindet sich um 1600 insofern am Scheideweg, als die bildlichen und sprachlichen Stilelemente der älteren (Al)Chemie sowie deren theologische Implikationen im Zuge der Herausbildung eines säkularen, naturwissenschaftlichen Chemie-Verständnisses einerseits vom reinen Fachwissen isoliert werden, andererseits gerade in dieser Isolation ein Eigenleben entfalten, das sich in kunstvollen Schöpfungen wie Emblem, Gedicht, Rätsel, Roman oder Musikstück ausdrückt. Die These lautet daher, dass die poetische Darstellungsform, die (al)chemisches Wissen um 1600 annehmen kann, nicht zufällig ist, sondern eine Funktion im Wissenstransfer übernimmt; sei es als poetische Reflexion der (al)chemischen Bildersprache, als bewusste Verrätselung oder als Bildreservoir etwa für ein Emblembuch wie die Atalanta fugiens.

Die poetische Form (al)chemischen Wissens, wie wir sie im Werk Michael Maiers erkennen, ist abzugrenzen von anderen Vermittlungsformen. Dabei ist einerseits an die Versuche einer Systematisierung dieses Wissens zu denken, wie sie bei Andreas Libavius zu beobachten ist, andererseits an die Bücher der paracelsistischen ‚Theoalchemie‘ (wie sie Joachim Telle genannt hat), die sich der narrativen oder bildlichen Formen zur Verschlüsselung eines theologisch heterodoxen Wissens bedient. Zu fragen ist deshalb auch nach dem Verhältnis von (al)chemischem und theologischem Wissen und somit nach den jeweiligen religiösen Konzeptionen, die mit diesem Wissen verknüpft sind. Vor allem aber wollen wir grundsätzlich nach den Formen fragen, in denen (al)chemisches Wissen vermittelt wird und wie diese Formen jeweils zu erklären sind.

Von großer Bedeutung ist auch die klassische Mythologie, die Maier in der Atalanta, mehr noch aber in seinen Arcana Arcanissima, als Allegorie (al)chemischer Prozesse deutet. Die poetische Wiederbelebung der antiken Mythologie, die Maier mit den Fugen, den Emblemen, und den ‚Discursus‘ der Atalanta vornimmt, lässt diese als ein Exempel humanistischer ‚argutia‘ erscheinen und nicht als okkultes Geheimwissen. Diese humanistische ‚argutia‘ dient Maiers erklärtem Ziel, den menschlichen Intellekt für die Erkenntnis der Natur als Schöpfung Gottes zu schulen. Die Atalanta erscheint somit als (al)chemisches Andachtsbuch, das den Leser auf poetisch-spielerische Weise zu einer Einsicht in die Eigenlogik einer chemisch gedachten Natur anleitet.

Freie Universität Berlin
SFB 980 Episteme in Bewegung
Sitzungsraum
Schwendenerstraße 8
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Anmeldung erforderlich unter: julia.beier@fu-berlin.de

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Zeit

27. September 2022 - 29. September 2022 (Ganztägig)(GMT+02:00)

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