Mosse Lecture: Charlotte Bigg
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Across the Universe. Aktuelle Blicke ins All Sommersemester 2023 Der Blick ins Weltall ist so alt wie die
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Across the Universe. Aktuelle Blicke ins All
Sommersemester 2023
Der Blick ins Weltall ist so alt wie die Menschheit. Geändert haben sich die Techniken, Interessen und Fragestellungen, welche mit diesem Blick verbunden sind. Die globalen ökologischen, sozialen und pandemischen Krisen, mit denen wir aktuell konfrontiert sind, schärfen das Bewusstsein für das Ganze und verleihen der Frage nach dem Verhältnis des Menschen zum Universum eine neue Dringlichkeit. Gegenwärtige Blicke ins All sind sehr vielfältig motiviert; sie stehen im Zeichen wissenschaftlicher Erschließung und politischer Vormachtstellung, dienen ökonomischen Interessen und sind Ausdruck kultureller Ängste, aber auch Visionen des Welt- als postapokalyptischen Lebensraums. Gemeinsam ist ihnen ihre reflexive Struktur. Das gilt für „den bestirnten Himmel über uns“ [Kant] als grundlegende Metapher der neuzeitlichen Philosophie ebenso wie für die enge Verknüpfung des ökologischen Denkens seit den 1960er Jahren mit dem ikonisch gewordenen Bild des „blauen Planeten“ aus der Astronautenperspektive.
Was wir über Planeten und deren Umlaufbahnen, über Raumfahrt, Satelliten und schwarze Löcher wissen, verdanken wir wissenschaftlichen, technischen und vor allem auch ästhetischen Vorstößen in eine nicht nur räumlich, sondern auch epistemisch schwer zugängliche Region. Ohne die in den 1960er Jahren begonnene TV-Serie ›Star Trek‹, Stanley Kubricks Film ›A Space Odyssey‹ [1968] oder die TV-Übertragung der Mondlandung 1969 wäre das Weltall im öffentlichen Bewusstsein wohl nur halb so gut erschlossen.
Die Mosse Lectures möchten die Vermitteltheit und Popularisierung kosmologischen Wissens in den Blick nehmen und nach den Medien und Technologien fragen, mit denen das Universum über die Astrophysik hinaus ästhetisch, kognitiv und affektiv „besiedelt“ wird. Inwiefern werden die der Lebenswelt entrückten, oft unvorstellbaren Dimensionen des Weltalls zu Einsatzpunkten fiktionaler Zugänge? Auf welchen medialen, sprachlichen und ästhetischen Vermittlungsstrategien basiert die astrophysikalische Forschung selbst (historisch und gegenwärtig)? Können künstlerische Bearbeitungen des Universums als Thema dessen grundsätzliche Vermitteltheit, aber auch den Vermittlungsbedarf kosmologischen Wissens in besonderer Weise reflektieren? Wem gehört dieses Wissen eigentlich, und wie lässt sich das Verhältnis zwischen wissenschaftlicher Forschung und öffentlicher Teilhabe am Gegenstand der Kosmologie ausbuchstabieren?
Charlotte Bigg
»Der Himmel auf Erden. Zur Geschichte der Sichtbarmachung und Medialisierung des Universums«
mit Hans-Christian von Herrmann
Donnerstag, den 20. April 2023 | 19.15 Uhr | Hörsaal des Tieranatomischen Theaters, Philippstraße 13 (Campus Nord, Haus 3) 10115 Berlin
CHARLOTTE BIGG: Wissenschaftshistorikerin, aktuell Forschungs- und Lehrtätigkeiten am Centre National de la Recherche Scientifique [CNRS] und der Ecole des Hautes Etudes en Sciences Sociales in Paris; zuvor wissenschaftliche Mitarbeiterin am Berliner Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte und der ETH Zürich sowie Gast am ZfL; Biggs Forschungsinteresse gilt der Wissenschafts[kultur-]geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, hier insbesondere der Astronomie, Chemie und Physik; in ihren Publikationen setzt sie sich u. a. mit der Entwicklungsgeschichte von Forschungsinstrumenten und den Vermittlungskulturen wissenschaftlicher Erkenntnisse auseinander; derzeit arbeitet Bigg an einer Monographie über die enge Verflochtenheit der Astronomie- und Fotografiegeschichte.
HANS-CHRISTIAN VON HERRMANN: Professor für Literaturwissenschaft, seit 2011 an der Technischen Universität Berlin; sein Forschungsinteresse gilt v.a. dem Beziehungsgeflecht zwischen Kunst, Technik und Wissenschaft sowie deren [historischen] Konkurrenz- und Synergieverhältnissen; von Herrmann publizierte umfangreich und epochenübergreifend zum Einfluss von Industrie- und Maschinenkultur auf Kunst, Literatur und Theater, über das Empirische philologischer Praktiken sowie zu den ›Bühnen des Wissens‹, wie etwa dem Planetarium; 2024 erscheint seine neueste Monographie »Technik und Poetik. Bertolt Brecht – ein Dichter der ›wissenschaftlichen Revolution‹«.
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Zeit
20. April 2023 19:15 - 20:45(GMT+01:00)
Ort
Tieranatomisches Theater
Philippstraße 13, 10115 Berlin