Mosse-Lecture: Daniela Danz
Details
Landleben Wintersemester 2024/25 Zwischen Idylle und Provinz liegt ein weites Feld. Auf der einen Seite sehen sich ländliche Kommunen mit
Details
Landleben
Wintersemester 2024/25
Zwischen Idylle und Provinz liegt ein weites Feld. Auf der einen Seite sehen sich ländliche Kommunen mit vehement sinkenden Bevölkerungszahlen und ›sterbenden Dörfern‹ konfrontiert; andererseits setzt das Versprechen eines ›einfachen‹ und naturnahen Lebens nicht erst seit den Künstlerkolonien der Moderne tiefe Sehnsüchte eines (groß-)städtischen Blicks auf ländliche Räume frei. Dabei ist schon von den frühen Arbeiten der Rural Sociology und ihrem Bemühen um eine differenziertere Analyse ländlicher Gesellschaften am Beginn des 20. Jahrhunderts klar benannt worden, dass rurale Lebenswelten komplexer sind, als die Rede von der Dorfgemeinschaft und das hartnäckige (Vor-)Urteil ihrer Rückständigkeit gegenüber einer städtischen Moderne nahelegt. Tatsächlich eröffnen gerade die historischen Transformationen des Dorfes – und seiner Geschichten – einen neuen Blick auf die Peripherien der Moderne. Erkennbar wird darin, dass ›Land‹ in seiner materiellen räumlichen Struktur als (endliche) Ressource fernab stereotyper Romantisierungen einen zentralen Schauplatz in der Geschichte gesellschaftspolitischer Konfliktlagen und sozialer Ausdifferenzierungen darstellt. Das ›Ländliche‹ geht aus kulturellen Deutungsschemata und Ästhetisierungen hervor, auch ländliche Lebensformen erweisen sich als zutiefst von gesellschaftlichen Dynamiken geprägt.
Im Wintersemester 2024/25 unternehmen die Mosse Lectures diskursive Ausflüge aufs Land und betrachten ländliche Räume als Gegenstand kultureller Imaginationen ebenso wie politischer und ökonomischer Vereinnahmungen: Wie haben sich ländliche Lebensformen in der Moderne gewandelt, wie wurde und wird das ›Ländliche‹ in der Vielzahl seiner konkreten Ausformungen als (zumeist vom städtischen Blick überformtes) Deutungsschema beschrieben und imaginiert? Ist die ›Provinz‹ Austragungsort einer alternativen, anti-metropolitanen Politik? Wo verläuft die Grenze von Stadt und Land als Kultur- bzw. Naturraum – und: gibt es sie angesichts der funktionalen Verbindungen zwischen den Räumen überhaupt? Wie arbeitet die Literatur an der Errichtung, Verschiebung oder Auflösung von Stadt-Land-Grenzen und welche Herausforderungen stellen sich für eine zunehmend in Städten lebende Gesellschaft hinsichtlich der Bedingungen und Grenzen ökologisch nachhaltiger Landwirtschaft?
Daniela Danz
Berichte aus der zentralen Provinz
mit Stefan Willer
Donnerstag, den 23. Januar 2025 | 19.15 Uhr | Senatssaal der Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Linden 6, 10117 Berlin
Die Diskrepanz von ländlichen und urbanen Räumen hat, wie die jüngsten Wahlen zeigten, das Potential, politische Dynamiken in Gang zu setzen und wird eines der Zukunftsthemen in Hinsicht auf die gesellschaftliche Transformation sein. Wie man dieses Spannungsfeld poetisch fassen kann, damit setzt sich Daniela Danz in ihren Texten auseinander. Ihre Mosse Lecture wirft die Frage auf, wie die Poetisierung des ›Ländlichen‹ ländliche Räume nicht nur als geografische Orte, sondern auch als ein charakteristisches Geflecht von Bezügen zwischen Geschichte und Gegenwärtigkeit erfahrbar macht.
DANIELA DANZ: Lyrikerin, Romanautorin, Essayistin und Herausgeberin; Vizepräsidentin der Akademie der Wissenschaften und Literatur Mainz und seit 2022 Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Daniela Danz‘ Lyrik wurde in verschiedene Sprachen übersetzt, darunter Englisch, Arabisch, Französisch, Spanisch, Serbisch, Tschechisch, Polnisch, Armenisch und Albanisch. Die englische Übersetzung ihres 2020 erschienenen Bandes »Wildniß« (Übers. v. Monika Cassel) war Finalist des Rhine Translation Prize. 2019 erhielt sie den Deutschen Preis für Nature Writing, 2023 den Thüringer Literaturpreis. Zuletzt erschien der Essayband »Nichts ersetzt den Blick ins Gelände« im Wallstein Verlag.
Mehr anzeigen
Zeit
23. Januar 2025 19:15 - 20:45(GMT+01:00)