Mosse Lectures: Michael Hochgeschwender

Do08Feb19:15Do20:45Mosse Lectures: Michael HochgeschwenderEvangelikalismus und wokeness: Zur gesellschaftlichen Funktion der Semantik des ErwachensVeranstaltungsartVortrag

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mit Ethel Matala de Mazza

MICHAEL HOCHGESCHWENDER: Kulturhistoriker, Professor für nordamerikanische Kulturgeschichte, empirische Kulturforschung und Kulturanthropologie an der Ludwig-Maximilians Universität München; seine Forschungsinteressen gelten vor allem der Geschichte der USA in der Antebellums- und Bürgerkriegsepoche sowie in der Zeit seit dem Zweiten Weltkrieg, der Frauen- und Geschlechtergeschichte der USA, der Geschichte des US-amerikanischen Katholizismus, der Westernisierung und der Kulturgeschichte des Kalten Krieges; Hochgeschwender ist im Beirat der deutschen Gesellschaft für Amerikastudien und Autor zahlreicher Bücher zur Religions- und Kulturgeschichte der USA.  

Mosse Lectures Wintersemester 2023/24: Sleep Modes. Über Wachen und Schlafen

Mit verlässlicher Regelmäßigkeit nimmt der Mensch sich raus aus der Welt; ein Drittel seines Lebens verbringt er schlafend. Während dieser Zeit sind wir wie „ungeboren“, schreibt Sigmund Freud einmal. „Jedes Erwachen ist dann wie eine erneute Geburt.“ Und umgekehrt, so ließe sich hinzufügen: Mit jeder Geburt beginnt eine lebenslange Beziehung zu Schlaf und Erwachen. Dass diese Beziehung aber weder nur „natürlich“ noch komplikationsfrei verläuft, sondern aufs Engste an die Schlafkulturen ihrer jeweiligen Zeit gebunden ist, offenbart ein Blick in die Geschichte des Schlafs. Wie schon Kinder an einen alltagstauglichen Schlafrhythmus herangeführt werden, was man sich unter einem guten bzw. gesunden Schlaf vorstellt, wie mit Schlafstörungen umgegangen und Schlaf medizinisch überwacht und gefördert wird, unterliegt historisch veränderlichen Vorzeichen.

Spätestens im ausgehenden 19. Jahrhundert rückte der Schlaf in den Fokus der kollektiven Aufmerksamkeit: Infolge einer Reihe gesellschaftlicher Umbrüche, unter anderem die Mechanisierung der Arbeit und die Erfindung des elektrischen Lichts, wurde die Einteilung in Tagwerk und Nachtruhe prinzipiell obsolet – gearbeitet werden konnte nun theoretisch zu jeder Zeit. Schlaf erschien vor diesem Hintergrund als eine befragenswerte Notwendigkeit, die es zu verstehen, beforschen, optimieren oder auch zu überwinden galt. Die in dieser Zeit von Unternehmern, Ärzten und Schlafforschern angestoßene Vermessung und Ökonomisierung des Schlafs (Hannah Ahlheim) setzt sich bis heute fort, wobei sie zunehmend zu einer Selbsttechnik avanciert ist: Mithilfe spezieller Apps können wir den Rhythmus und die Qualität unseres Schlafs präzise überwachen; online abrufbare Schlafmeditationen sollen uns beim Einschlafen helfen; gegen nächtliche Unruhe stehen Arzneimittel und Schlaftherapien bereit.

Im Wintersemester 2023/24 möchten die Mosse Lectures die ökonomische, kulturelle und politische Bedeutung des Schlafs und seiner Gegenspielerin, der Schlaflosigkeit erkunden: Woher rührt die ungebrochene Faszination am Schlaf und welche Herausforderungen sind nach wie vor mit seiner wissenschaftlichen und künstlerischen Erkundung verbunden? Wie wurde Schlaf politisch metaphorisiert und welche Rolle spielt er für Erzählungen individueller und politischer Handlungsversäumnisse? Unter welchen Umständen kann Schlaf wiederum zu einem emanzipativen Akt des Widerstands gegenüber den Anforderungen einer Gesellschaft werden, die auf größtmögliche Leistungsbereitschaft und Effizienz ausgerichtet ist?

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Zeit

8. Februar 2024 19:15 - 20:45(GMT+02:00)

Auditorium im Grimm-Zentrum

Geschwister-Scholl-Straße 1-3, 10117 Berlin

Auditorium im Grimm-Zentrum