Mosse Lectures: Samantha Harvey

Do25Jan19:15Do20:45Mosse Lectures: Samantha HarveyBrain on Fire: Insomnia and SleepwritingVeranstaltungsartVortrag

Sleep Modes Über Wachen und Schlafen Mosse Lectures

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mit Stefan Willer

So much has been said and written about the connection between insomnia and creativity, and these discussions often centre on a one-way causal connection: that creativity is a cause of insomnia. ‘I believe this sleeplessness comes only because I write,’ Kafka said in his Diaries. This in turn gives rise to lists of artists and writers who’ve suffered sleeplessness, and much anecdotal posturing around what the novelist Marie Darrieussecq calls ‘the fantasy of the chosen’ – the notion that insomnia is somehow symptomatic of a more than usually astute, alert and elevated mind; a mind awake in all senses. But what of the reverse connection between insomnia and creativity? Not that or if or why creativity causes insomnia, but rather insomnia’s impact on creativity. What does sleep deprivation do to the act of artistic creation? What part does writing, in particular, play in the insomniac’s life – what is it to write with one’s brain on fire?
This lecture looks at what could be thought of as sleepwriting – writing in the twilight zone of extreme sleep deprivation, writing as a substitute for sleeping. Can writing be a form of lucid dreaming, a surrogate for what is lacking during wakeful nights? A way, perhaps, of expressing and sorting subconscious processes; a means of sanity, and a route back to life, to feeling alive?
We explore this domain of sleepwriting to question how sleeplessness urges and alters a writer’s creativity, what is lost when sleep is insufficient or absent, and what there is to be found.

SAMANTHA HARVEY: Britische Autorin, Senior Lecturer für creative writing an der Bath Spa University; seit ihrem Debüt »The Wilderness« (2009) veröffentliche Harvey drei weitere Romane, die von der Kritik äußerst positiv aufgenommen und für den Man Booker Prize, den Orange Prize und den Guardian First Book Award nominiert wurden; in deutscher Sprache erschien zuletzt 2022 »Das Jahr ohne Schlaf« bei Hanser Berlin.

Mosse Lectures Wintersemester 2023/24: Sleep Modes. Über Wachen und Schlafen

Mit verlässlicher Regelmäßigkeit nimmt der Mensch sich raus aus der Welt; ein Drittel seines Lebens verbringt er schlafend. Während dieser Zeit sind wir wie „ungeboren“, schreibt Sigmund Freud einmal. „Jedes Erwachen ist dann wie eine erneute Geburt.“ Und umgekehrt, so ließe sich hinzufügen: Mit jeder Geburt beginnt eine lebenslange Beziehung zu Schlaf und Erwachen. Dass diese Beziehung aber weder nur „natürlich“ noch komplikationsfrei verläuft, sondern aufs Engste an die Schlafkulturen ihrer jeweiligen Zeit gebunden ist, offenbart ein Blick in die Geschichte des Schlafs. Wie schon Kinder an einen alltagstauglichen Schlafrhythmus herangeführt werden, was man sich unter einem guten bzw. gesunden Schlaf vorstellt, wie mit Schlafstörungen umgegangen und Schlaf medizinisch überwacht und gefördert wird, unterliegt historisch veränderlichen Vorzeichen.

Spätestens im ausgehenden 19. Jahrhundert rückte der Schlaf in den Fokus der kollektiven Aufmerksamkeit: Infolge einer Reihe gesellschaftlicher Umbrüche, unter anderem die Mechanisierung der Arbeit und die Erfindung des elektrischen Lichts, wurde die Einteilung in Tagwerk und Nachtruhe prinzipiell obsolet – gearbeitet werden konnte nun theoretisch zu jeder Zeit. Schlaf erschien vor diesem Hintergrund als eine befragenswerte Notwendigkeit, die es zu verstehen, beforschen, optimieren oder auch zu überwinden galt. Die in dieser Zeit von Unternehmern, Ärzten und Schlafforschern angestoßene Vermessung und Ökonomisierung des Schlafs (Hannah Ahlheim) setzt sich bis heute fort, wobei sie zunehmend zu einer Selbsttechnik avanciert ist: Mithilfe spezieller Apps können wir den Rhythmus und die Qualität unseres Schlafs präzise überwachen; online abrufbare Schlafmeditationen sollen uns beim Einschlafen helfen; gegen nächtliche Unruhe stehen Arzneimittel und Schlaftherapien bereit.

Im Wintersemester 2023/24 möchten die Mosse Lectures die ökonomische, kulturelle und politische Bedeutung des Schlafs und seiner Gegenspielerin, der Schlaflosigkeit erkunden: Woher rührt die ungebrochene Faszination am Schlaf und welche Herausforderungen sind nach wie vor mit seiner wissenschaftlichen und künstlerischen Erkundung verbunden? Wie wurde Schlaf politisch metaphorisiert und welche Rolle spielt er für Erzählungen individueller und politischer Handlungsversäumnisse? Unter welchen Umständen kann Schlaf wiederum zu einem emanzipativen Akt des Widerstands gegenüber den Anforderungen einer Gesellschaft werden, die auf größtmögliche Leistungsbereitschaft und Effizienz ausgerichtet ist?

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Auditorium im Grimm-ZentrumGeschwister-Scholl-Straße 1-3, 10117 Berlin