Ödipus und die postödipale Kultur in der Erfahrung der Psychoanalyse

Fr03Dez(Dez 3)19:00So05(Dez 5)14:30Ödipus und die postödipale Kultur in der Erfahrung der PsychoanalyseHommage an Moustapha Safouan. Kongress der Freud-Lacan-Gesellschaft BerlinVeranstaltungsartKonferenz

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Online via ZOOM (Anmelde-Informationen hier am Ende). Lediglich die Vortragenden und Moderatoren werden versammelt sein.

Die Anerkennung des Ödipuskomplexes scheide „die Anhänger der Psychoanalyse von ihren Gegnern,“ schreibt Sigmund Freud. Er sei der Gipfel der kindlichen Sexualität und stelle später das „wesentliche Stück im Inhalt der Neurose“ dar. „Jedem menschlichen Neuankömmling ist die Aufgabe gestellt, den Ödipuskomplex zu bewältigen“. Beim Neurotiker habe er „nicht die richtige Umwandlung erfahren“.Freud erkennt in diesem Mythos die literarische Wahrheit dessen, was er „in direkter Beobachtung“ bei Knaben und Mädchen und anhand der Erinnerungen Erwachsener feststellen kann.Seine Aufmerksamkeit gilt dem erblühenden Ödipus-Komplex und den meist misslingenden Überwindungsversuchen, die zum Aufbau einer unpersönlichen, nicht mehr an elterliche Autoritäten gebundenen, Instanz namens Über-Ich führen sollen.Freud selbst arbeitet am Mythos weiter, wenn er die Grammatik der Sexuierung in diesem Drama kompliziert: neben der Identifizierung mit dem gleichgeschlechtlichen und der libidinösen Besetzung des andersgeschlechtlichen Elternteils wird das Kind auch so wie das andersgeschlechtliche sein wollen und das gleichgeschlechtliche begehren.In Erweiterung des Dramas führt Freud – über die Elternkonstellation hinaus – einen „Familienkomplex“ ein, sobald weitere Kinder dazukommen.Jacques Lacan transformiert den Vater in die väterliche Funktion, die Vatermetapher, den/die Namen des Vaters, den Signifikanten des mütterlichen Begehrens … Auch er sieht im Ödipuskomplex eine entscheidende Struktur der Pazifizierung der Triebökonomie.

Welche Folgen hat oder hätte das Ausbleiben dieses Komplexes (und damit auch dessen Nicht-Überwindung) für die Einzelnen und für kulturelle Gruppierungen? Dieser Frage versuchen wir nicht vom „Ödipus im Spiegel der Presse“ oder „Ödipus in der geisteswissenschaftlichen Literatur“, sondern von der Erfahrung der Psychoanalyse her nachzugehen. Wie modifizieren solch neuen Bedingungen die Grammatiken der Triebe, die Geschlechterdefinitionen, die an eine psychoanalytische Kur gestellten Erwartungen, die bisher gebräuchlichen klinischen Kategorien und die Funktion des Analytikers? Der im Herbst 2020 in Paris verstorbene Psychoanalytiker Moustapha Safouan (geb. 1921 in Alexandria/Ägypten) war lange Jahre Mitglied von Lacans École Freudienne. Er betont, dass die menschliche Sexualität nicht ein natürliches Triebgeschehen, sondern etwas Strukturiertes ist. Er betrachtet den Ödipuskonflikt als eine historisch bestimmte Form der Eingrenzung des inzestuösen Genießens und hat sich mit dem Wandel des objektiven und der subjektiven Status der Vaterfunktion beschäftigt. Eines seiner ersten Bücher war Studien über Ödipus (Études sur L’Œdipe, 1974) und eines seiner letzten Die postödipale Kultur (La civilisation post-œdipienne, 2018) [beide liegen nicht in deutscher Übersetzung vor]. Dolorès Frau-Frérot und Sylvain Frérot, die den Kongress eröffnen, haben 2018 den Band L’inconscient à demi-mot veröffentlicht, der Gespräche mit M. Safouan und Texte über seine Arbeit enthält.

Freitag, 3.12.

19.00 Eintritt in den virtuellen Kongress-Raum

19.30 Begrüßung durch Bernhard Schwaiger, Vorstand der FLG

Eröffnungsvorträge von Dolorès Frau-Frérot und Sylvain Frérot (beide Psychoanalytiker in Caen/Normandie)Auf Französisch mit Übersetzung – Moustapha Safouan, le goût vif de la langue étrangère /Moustapha Safouan – die lebhafte Lust an der fremden Sprache – Moustapha Safouan et la question du Tiers /Moustapha Safouan und die Frage des Dritten

Moderation: Claus-Dieter Rath

Samstag, 4.12.

10.00 – 12.00 Uhr

Martine Gardeux: Was geht verloren?

Robin Cackett: Vatermord und Mutter-Sohn-Inzest. Einige Überlegungen zu den Ursprungsmythen der Psychoanalyse.

Moderation: Ilsabe Witte

12.00 – 13.30 Uhr Mittagspause

13.30 – 15.30 Uhr

Claudia Lemke: Anti-Ödipus und institutionelle Pathologien in der Schule

Thomas Vogt: Der Vater ist tot, es bleibt die Psychose.

Moderation: Stephanie v. Hayek

15.30 – 16.30 Uhr Kaffeepause

16.30 – 18.30 Uhr

Georgette Schosseler-Prum: Zu Moustapha Safouan L’inconscient et son scribe

Miroslaw Stasinski: Die Übertragung und das Gold der Psychoanalyse

Moderation: Bernhard Schwaiger

Sonntag, 5.12.

11.00 – 14.00 Uhr Stephanie von Hayek: Was ist das für ein Rendez-vous? Zu der TV-Serie (ARTE) „In Therapie“, über die analytische Arbeit und ihre Vermittlung nach den Anschlägen vom 13. November 2015 in Paris

Claus-D. Rath: Abhängigkeiten, Unabhängigkeit, Interdependenz

Bernhard Schwaiger: Gegen den Untergang des Ödipuskomplexes

Moderation: Robin Cackett

Abschlussdiskussion und Verabschiedung durch Bernhard Schwaiger

Ende gegen 14.30 Uhr

Anmeldungen möglichst bald erwünscht per e-mail an: kongress@freud-lacan-berlin.de oder per Anmeldeformular auf der Homepage der FLG. Sie erhalten eine Bestätigung und wenige Tage vor der Veranstaltung eine Einladung mit den Zugangsdaten (ZOOM-Teilnahmecode). Für die Anmeldung erforderlich ist ebenfalls die Überweisung. Teilnehmergebühr 60 €, Studenten/Arbeitslose 30 €. Kontoverbindung: Commerzbank Berlin, Kontoinhaberin: Freud-Lacan-Gesellschaft, Verwendungszweck »FLG Kongress«,IBAN: DE67 1004 0000 0572 7128 00BIC: COBADEFFXXX

Bitte beachten Sie auch unsere Internetseite www.freud-lacan-berlin.de. Dort finden Sie auch weitere Informationen, u.a. zu den Referentinnen und Referenten und evtl. Programmänderungen.

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Zeit

3. Dezember 2021 19:00 - 5. Dezember 2021 14:30(GMT+02:00)

Psychoanalytische Bibliothek Berlin

Geisbergstraße 29, 10777 Berlin

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