Pierre Charbonnier
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Zusammenfassung: „Wir sind die Erben einer intellektuellen und politischen Geschichte, die stets folgendes Axiom wiederholt hat: Um die Voraussetzungen für den Frieden unter den Menschen
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Zusammenfassung: „Wir sind die Erben einer intellektuellen und politischen Geschichte, die stets folgendes Axiom wiederholt hat: Um die Voraussetzungen für den Frieden unter den Menschen zu schaffen, muss die Natur ausgebeutet, Ressourcen ausgetauscht und allen Menschen ein ausreichender Wohlstand geboten werden. Um das Verlangen nach Krieg zu beseitigen, muss zunächst die Knappheit der Natur bekämpft werden, die andernfalls Neid und Konflikte zeitigt. Außerdem wird eine universelle Sprache der Menschheit benötigt und zwar die der Wissenschaft, der Technik und der Entwicklung. Mit anderen Worten: Es ist durchaus möglich, eine materielle Geschichte der politischen Macht zu schreiben, welche ihre Fähigkeit, der eigenen Bevölkerung Frieden und Sicherheit zu bieten, nachzeichnet.
Diese alten Ideen, die bis ins 18. Jahrhundert zurückreichen, erfuhren in der Mitte des 20. Jahrhunderts eine sehr auffällige Konkretisierung. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Entwicklung der fossilen Infrastruktur mit einem pazifistischen und universalistischen Diskurs gepaart, der die Ursachen des Krieges durch die Freisetzung der Produktivität und die niedrigen Ölpreise beseitigen wollte. Die Entstehung des Anthropozäns ist also zeitgleich mit der von den USA organisierten Weltordnung rund um fossile Brennstoffe: Der Frieden oder das Gleichgewicht der Großmächte ist weitgehend ein Geschenk der fossilen Brennstoffe.
Im 21. Jahrhundert droht dieses Paradigma obsolet zu werden, denn nun gilt es, Frieden und Sicherheit zu gewährleisten und gleichzeitig die planetaren Grenzen zu berücksichtigen: Wir müssen lernen, Frieden zu schließen, ohne den Planeten zu zerstören. Dies lehrt uns insbesondere der von Russland gegen die Ukraine geführte Krieg, aber auch das Aufkommen eines Diskurses, der die strategische Unabhängigkeit Europas mit der Dekarbonisierung seiner Wirtschaft verbindet. Heute sind internationale Beziehungen und Klimapolitik eng miteinander verknüpft und dies ist kein Zufall: Nachdem wir zur Friedenssicherung auf fossile Energien gesetzt haben, braucht es nun eine neue materielle Grundlage für den Frieden.“
Kommentar: Isabelle Desportes (RWTH Aachen/CMB)
Anmeldung: https://www.tickettailor.com/events/centremarcblochev/1390015
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Zeit
4. November 2024 18:00 - 20:00(GMT+01:00)