Prozesse filmen

Do20Mai9:00Do20:00Prozesse filmenDeutsch-französische PerspektivenVeranstaltungsartRoundtable,Workshop

Details

Die Frage, inwieweit Filmaufnahmen bei sog. „historischen Prozessen“ gemacht werden dürfen, wurde in Frankreich erstmals mit dem Badinter-Gesetz von 1985 geregelt.  Es ermöglichte den Aufbau eines Archivs und die Aufbewahrung audiovisueller Aufzeichnungen der Prozesse gegen Barbie (1987), Touvier (1994) und Papon (1998). Hinzu kamen in jüngerer Zeit andere Prozesse, wie die im Zusammenhang mit der chilenischen Diktatur (2010), zum Völkermord an den Tutsi in Ruanda (2016-2018) sowie zu den Anschlägen vom Januar 2015 (2020). Die Rechtslage wie auch die Wahrnehmung solcher Prozesse ist in (West-)Deutschland eine andere, da hier das Erbe der Schauprozesse des Nationalsozialismus einer Genehmigung von Filmaufnahmen im Wege steht: Seit 1964 ist es verboten, Prozesse zu filmen. Der NSU-Prozess (2013-2018) könnte allerdings einen gewissen Wendepunkt in den deutschen Debatten markiert haben. 

Der Workshop “Prozesse filmen. Deutsch-französische Perspektiven”, der am Donnerstag, den 20. Mai, als Online-Konferenz stattfindet, zielt darauf ab, Standpunkte und Perspektiven zu einer Frage zu vergleichen, die weit über den Gerichtssaal hinaus in die Gesellschaft reicht. Die vom französischen Nationalarchiv organisierte Ausstellung, die derzeit im Institut français in Berlin zu sehen ist, zeigt Filmausschnitten von den Nürnberger Prozessen bis hin zum Völkermord an den Tutsi in Ruanda. Vor diesem Hintergrund lädt der Workshop am CMB Historiker:innen, Jurist:innen, Archivare aber auch Journalist:innen ein, um über die Verwendung dieser Bilder in Gerichtsverfahren und über das Verhältnis der Bürger:innen zu ihrer Justiz zu diskutieren.

Teilnehmer:innen aus Frankreich und Deutschland werden, dank Simultanübersetzung, in drei Panels und einer abschließenden Diskussionsrunde über folgende Themen diskutieren:

  • Prozesse filmen: politische und juristische Debatten
  • Zeugenaussagen filmen
  • Archiv und Öffentlichkeit
  • Gefilmte Prozesse: Zum Verhältnis von Justiz und Demokratie [Diskussionsrunde]

20.05.2021 (18:00-20:00) – Gefilmte Prozesse: Zum Verhältnis von Justiz und Demokratie [Diskussionsrunde]

Die abschließende Gesprächsrunde widmet sich den Fragen der Medienberichterstattung über Prozesse und der Demokratisierung der Justiz. Deutsche und französische Journalist:innen sowie ein Mitarbeiter der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz diskutieren über ihre Erfahrungen. Wie beeinflusst die Entscheidung, Prozesse zu filmen, die Berichterstattung über die Gerichtsverhandlungen bzw. würde sie diese beeinflussen? Wie können Medien, Museen und Gedenkstätten durch den Erhalt von audiovisuellen Spuren sogenannter historischer Prozesse den Bürgern ihre Justiz näher bringen? Und wie ist der Vorschlag, in Frankreich alle Gerichtssäle für Kameras zu öffnen, einzuschätzen?


Organisation: Caroline Moine und Fabien Théofilakis
Online-Veranstaltung mit Simultanübersetzung
Anmeldung: anmeldung@cmb.hu-berlin.de


Kontakt

Caroline Moine
Caroline.moine  ( at )  cmb.hu-berlin.de

Partner

Institut Français de Berlin

Programm

9:15 Empfang der Teilnehmer*innen

9:45 Einführung (Dr. Caroline Moine, Universität Paris-Saclay/MPIB/CMB)


10:00-12:00 – Panel 1 / Prozesse filmen: politische und juristische Debatten

Moderation: Prof. Dr. Guillaume Mouralis (CNRS/CMB)

Prof.Dr.AnnetteWeinke(Friedrich-Schiller-Universität Jena), „Von ‘Freisler’ zum’NSU’: Überlegungen zu einer Medien- und Filmgeschichte politischer Strafprozesse und transitionaler Justiz in der Bundesrepublik“

Prof. Dr. Christian Delage (Université Paris 8/IHTP), „Das Eindringen der Kamera inden Gerichtssaal von 1954 bis 2020: juristische, technische und gesellschaftlicheFragen“

Dr. Matthias Korte (Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Berlin), „Aufzeichnung und Übertragung von Gerichtsverhandlungen – die deutschePerspektive“

PAUSE

13:00-15:00 – Panel 2 / Zeugenaussagen filmen

Moderation: Prof. Dr. Thomas Lindenberger (Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung, Dresden)

Dr.FabienThéofilakis(Université Paris 1 Panthéon Sorbonne – CHS / CMB), Zeugnigegen die Geschichte: Adolf Eichmann vor der Kamera, Jerusalem 1961“

TimothéeBrunet-Lefèvre(EHESS– Cespra), „Der Rahmen der Zeugenaussagen in den Prozessen von Octavien Ngenzi und Tito Barahira (2016-2018)„

Alexis Couroussé-Volat (Université Paris 8 – ITHP), „Die Rolle des Zeugenstandes in den Filmaufnahmen der Gerichtsverhandlungen zu den Pariser Attentaten von Januar 2015 (2020)“

PAUSE

15:30-17:30 – Panel 3 / Prozesse filmen: welche Archive für welche Öffentlichkeit?

Moderation: Dr. Hélène Dumas (EHESS)

Dr. Martine Sin Blima-Barru (Archives nationales, Frankreich), „Historische Archive, nationales Erbe und öffentliche Erinnerung : audiovisuelle Produktion von Gerichtsprozessen in Frankreich“

M.A. Johannes Beermann-Schön (Fritz Bauer Institut), „Vom Überlieferungszufall zum Weltdokumentenerbe: Die Film- und Tonbandaufnahmen des ersten Frankfurter Auschwitz-Prozesses“

Pierre-Jérôme Biscarat (chargé de mission à la Mémoire – Ville de Lyon), „Wie haben die Bilder des Barbie-Prozesses die Erinnerungspolitik der Stadt Lyon verändert?“

PAUSE

18:00-20:00 – Diskussionsrunde / Gefilmte Prozesse: Zum Verhältnis von Justiz und Demokratie

Moderation: Jacqueline Hénard (Journalistin und Schriftstellerin)

Gisela Friedrichsen (Die Welt)
PascaleRobertDiard(Le Monde)
Jakob Müller (Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannseekonferenz)

Bitte melden Sie sich an: anmeldung@cmb.hu-berlin.de

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Zeit

20. Mai 2021 9:00 - 20:00(GMT+02:00)

Centre Marc Bloch

Friedrichstrasse 191

Centre Marc Bloch