The Time for Denial is Over

Sa04Feb15:00Sa17:00The Time for Denial is OverIm Rahmen von “CTM 2023 – Portals”VeranstaltungsartGespräch,Panel,Performance,Screening

Details

Seit den 1960er-Jahren setzt sich eine Bewegung von global vernetzten Künstler*innen, Intellektuellen und Aktivist*innen beharrlich für die Rückgabe afrikanischer Kulturgüter und Ancestral Remains ein, um den Prozess der Dekolonisierung voranzutreiben. Nach einer langen Periode der Stagnation hat sich die Debatte in den letzten Jahren beschleunigt, mit Beispielen physischer Rückgaben wie der Behanzin-Schätze an die Republik Benin oder der Benin-Bronzen an Nigeria. Unzählige Initiativen von Künstler*innen und Kulturinstitutionen sind weltweit entstanden, die diesen Restitutionsprozess vorantreiben und begleiten. In diesem historischen Moment lädt die GROUP50:50 Künstler*innen, Aktivist*innen und Denker*innen aus Europa und Afrika ein, die Grundlagen für eine transnationale Restitutionsbewegung zu erarbeiten. 
Nach den Begegnungen in Palermo und Leipzig diskutieren sie in Berlin in einer Reihe von Vorträgen, Performances und Screenings die Bedeutung des immateriellen Kulturerbes und der Musik für den Restitutionsprozess. Was geschieht mit all dem Wissen und der Musik, die von Missionar*innen, Ethnograf*innen, Handelsleuten und den Beamten der Kolonialmächte zusammengetragen und in den Archiven in Europa weggesperrt wurden? Wie können sie für die Menschen in den afrikanischen Ländern und Regionen, deren Erbe sie darstellen, wieder zugänglich gemacht werden? Wie gehen die Musiker*innen und Künstler*innen, die zwischen den Kontinenten arbeiten, mit diesem Erbe um? Und wie können wir verhindern, dass dieselben Mechanismen der gewaltsamen Aneignung von Wissen und kulturellen Praktiken heute in anderer Form reproduziert werden?

4.2., 15:00–17:00 Uhr / HAU2
TOWARDS NON EXTRACTIVE PRACTICES IN CONTEMPORARY MUSIC
Moderation: Elia Rediger

“Temporary Stored” Gespräch und listening session mit Joseph Kamaru (KMRU)
Gespräch mit Ketan Bhatti und Pamela Owusu-Brenyah, moderiert von Elia Rediger

Bis heute eignen sich westliche Musiker*innen Musik aus Ländern im globalen Süden an und erzielen damit hohe finanzielle und berufliche Erfolge, während die Urheber*innen und Ursprungskulturen dieser Musik wenig Beachtung oder Anerkennung finden. Sie missachten nicht selten dabei die Urheberrechte der Musiker*innen, die aufgrund fehlender rechtlicher Grundlagen oder entsprechenden Verwertungsgesellschaften nicht geltend gemacht werden können. So werden die extraktiven Praktiken der Musikethnograf*innen der Kolonialzeit fortgeführt. Wie können sich neue Formen der Zusammenarbeit für einen gleichberechtigten und inspirierenden Austausch entwickeln?

Joseph Kamaru aka KMRU ist Soundkünstler und lebt in Berlin. Er beschäftigt sich mit Klangkultur, akkustischer Wahrnehmung jenseits der Norm und Improvisation. In “Temporary Stored” hinterfragt der in Nairobi geborene Künstler die Bedeutung von Klangarchiven für die Geschichte kolonialer Gewalt. Mit Synthesizer-Klängen, Field-Recordings und Aufnahmen aus dem Archiv des Königlichen Museums für Zentralafrika in Tervuren, macht er sich an die Wiederaneignung der geraubten Sounds.

Talk mit Pamela Owusu-Brenyah

Pamela Owusu-Brenyah ist Kuratorin und Veranstalterin. Mit ihrer Arbeit fördert sie die Sichtbarkeit von Afro-pop Kultur und Künstler:innen afrikanischer Abstammung. Sie gründete die Plattform AFRO x POP und das gleichnamige Festival, um der Afro-Deutschen Musikszene eine Bühne zu geben und Brücken zwischen Deutschland und dem afrikanischen Kontinent zu bauen.

Talk mit Ketan Bhatti

Ketan Bhatti arbeitet als Komponist und Schlagzeuger zwischen verschiedenen Genre- und Kulturwelten. Seine Arbeiten reichen von zeitgenössischer Kammermusik über experimentelles Musik- und Tanztheater, Bühnen- und Filmmusik bis zu elektronischen, Hip-Hop-basierten Produktionen. Er komponiert gemeinsam mit seinem Bruder Vivan Bhatti Musiktheaterstücke, die Fragen zu Integration und Ausgrenzung stellen und u. a. an der Neuköllner Oper, der Tischlerei – Deutsche Oper Berlin und der Staatsoper Hannover (ur-)aufgeführt wurden.

Im Anschluss: Publikumsgespräch

4.2., 17:15–18:00 Uhr                                              

THE USE OF MUSIC FOR A DECOLONIAL CULTURE OF REMEMBRANCE (FR/ENG)
Moderation: Patrick Mudekereza

Performance von Fabrizio Cassol und Kojak Kossakamwe
Fabrizio Cassol und Kojak Kossakamwe im Gespräch mit Patrick Mudekereza

Musik spielt für die rituellen Praktiken, die mit den kulturellen Artefakten in den europäischen Museen verwoben sind, wie auch bei der Beisetzung von sterblichen Überresten der Ahnen, die in den Archiven der Museen und Universitäten liegen, eine zentrale Rolle. Wie können zeitgenössische Musiker*innen die Restitution von Kulturgütern und Ancestral Remains begleiten und an einer dekolonialen Erinnerungskultur in europäischen und afrikanischen Städten mitwirken?

Performance / Talk von und mit Fabrizio Cassol und Kojack Kossakamwe

Fabrizio Cassol ist ein belgischer Jazz-Saxophonist, Klarinettist, Komponist und Arrangeur. Sein Album “Requiem pour L.” – eine weltmusikalische Adaption von Mozarts „Requiem“ für Akkordeon, Gitarre, Bass, Schlagzeug, Euphonium und Lamellenharfe, von sieben Sängern auf fünf afrikanischen Sprachen und Latein vortragen – wurde 2019 auf die Bestenliste des Preises der Deutschen Schallplattenkritik gesetzt.

Kojack Kossakamwe ist Jazz-Musiker und Gitarrenvirtuose aus der Demokratischen Republik Kongo. Mit polyrhythmischem Genie verbindet er Jazz und traditionelle kongolesische Klänge und der populären kongolesischen Rumba. Die spirituelle Bindung zur Musik spielt für ihn eine wichtige Rolle. Er war bei “Requiem pour L.” an der Komposition von vielen Stücken beteiligt und als Gitarrist auf der Bühne. Für “The Ghosts Are Returning” macht er gemeinsam mit Elia Rediger die musikalische Leitung.

Im Anschluss: Publikumsgespräch

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Zeit

4. Februar 2023 15:00 - 17:00(GMT+02:00)

HAU - Hebbel am Ufer

Stresemannstr. 29 10963 Berlin

HAU - Hebbel am Ufer