Zeiten der Alltäglichkeit

Mo10Okt(Okt 10)9:15Di11(Okt 11)18:00Zeiten der AlltäglichkeitInterdisziplinäre TagungVeranstaltungsartTagung

Details

Veranstaltung und Organisation: Jonas Cantarella, Dina Emundts, Michael Gamper

„Le quotidien échappe. C’est sa définition“: Mit markanter Lakonie hat Maurice Blanchot 1962 die große Herausforderung beschrieben, die jede analytische Beschäftigung mit dem Alltäglichen mit sich bringt. Schon die tägliche Wiederholung von Tätigkeiten und Verrichtungen, die den Alltag konstituieren, sind in ihrer phänomenalen, kulturellen und historischen Vielfalt schwer zu erfassen, noch schwieriger fällt es aber, die mehr oder minder abstrakte Essenz der Erfahrung(en) des Alltags auf einen oder mehrere Nenner zu bringen. Demgegenüber steht die unabweisbare und seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts kontinuierlich sich steigernde Relevanz, welche die Wahrnehmung, Darstellung und Reflexion von Alltag und Alltäglichkeit für das Wissen und das Selbstverständnis moderner Gesellschaften in all ihren Bereichen gewonnen hat und deren inter- und transdisziplinäre wissenschaftliche Bearbeitung geradezu herausfordert. Alltäglichkeit ist ein wesentliches Konstituens des modernen Lebens geworden, und die Repräsentation und das Nachdenken über die conditio moderna ist wesentlich mit dem Alltäglichen verknüpft.

Unsere Tagung wendet sich genau diesen Schwierigkeiten der sprachlichen und bildlichen Darstellung, der theoretischen Erfassung und der kritischen Reflexion von Alltäglichkeit zu, indem sie nach den Temporalitäten der Alltäglichkeit fragt. Dieser Fokus berücksichtigt den bereits etymologisch vorliegenden Zusammenhang von ‚All-Tag‘ und Zeit, der auf je unterschiedliche Weise für die Strukturierungen, Erfahrungen und Darstellungen des Alltäglichen kennzeichnend ist. Diskutiert werden also historische Positionen und Konstellationen bzw. eigene systematische Entwürfe, die zur Ergründung derjenigen Zeitlichkeiten beitragen, welche die Bereiche des Alltäglichen und ihre Repräsentationen auszeichnen. In den Blick rücken damit die Bild-, Schrift-, Schreib und Darstellungszeitlichkeiten, welche die Beschäftigung mit dem Alltäglichen hervorrufen, ebenso aber auch die komplexen, mit und zwischen Linearität, Zyklik und Rekursion sich bewegenden (eigen-)zeitlichen Figuren, die sich in den Gegenständen, Handlungen, Ereignissen, Verfahren und Szenarien des Alltags ergeben. 

Die Tagung findet am 10. und 11. Oktober im Seminarzentrum der Freien Universiät Berlin statt (Otto-von-Simson-Str. 26, 14195 Berlin-Dahlem). Diskutant:innen und Zuhörer:innen sind herzlich willkommen. 

10. Oktober

9:15

Jonas Cantarella, Dina Emundts, Michael Gamper (FU Berlin): Einleitung

9:30

Dirk Quadflieg (Universität Leipzig): Heute ist nicht alle Tage. Zur differentiellen Zeitlichkeit des Alltäglichen

– Kaffeepause –

11:00

Martin von Koppenfels (LMU München): Alltag und Abenteuer

12:00

Livia Kleinwächter/Nicolas Pethes (Universität zu Köln): ‚Exotik des Alltags‘. Siegfried Kracauers Ethnologie des verwalteten Angestelltenlebens

– Mittagspause –

14:30

Holmer Steinfath (Universität Göttingen): Die Zeit der Alltäglichkeit zwischen mechanischer Routine und gelungenem Gegenwartsvollzug

15:30

Jonas Cantarella (FU Berlin): ‚Der Seelenforscher verachte nicht das Alltägliche‘. Zur Wahrnehmung und Gestaltung einer Zeiterfahrung um 1780

– Kaffeepause –

17:00

Britta Hochkirchen (Universität Jena): Vielfältige Wiederholungen: Temporalitäten der Alltäglichkeit in der französischen Genremalerei des 18. Jahrhunderts

18:00:

Claudia Lillge (Universität Würzburg): Alltag zum Tode: Wiederholung und Wiederholungszwang bei Kierkegaard, Gogol und Melville

11. Oktober

9:30

Agnieszka Hudzik (FU Berlin): Iteration und Archivierung: Gegen den Lauf der Alltagszeit in verflochtenen Welten der Literatur, Performance und Filmkunst

10:30

Johanna-Charlotte Horst (LMU München): Alle Tage, alle Jahre. Erinnern des Alltäglichen

– Kaffeepause –

12:00

Barbara Bausch (FU Berlin): Mahlzeit. Alltag der Gewalt und Gewalt des Alltäglichen in Gisela Elsners Riesenzwerge (1964)

– Mittagspause –

14:00:

Friedrich Balke (Universität Bochum): ‚Jetztfolge‘ oder ‚ekstatische Erstrecktheit‘: Heideggers Analytik alltäglicher Zeitlichkeit im Licht technischer Medien

15:00

Heike Klippel (HBK Braunschweig): Alltag zwischen Unterordnung und Widerstand. Hausangestellte im Film

– Kaffeepause –

16:30

Andreja Novakovic (UC Berkeley): On the ‚Endless Repetition‘ of Housework in Beauvoir, Federici, and Akerman

17:30

Schlussdiskussion

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Zeit

10 (Montag) 9:15 - 11 (Dienstag) 18:00(GMT+02:00)

Freie Universität BerlinHabelschwerdter Allee 45, 14195 Berlin